Ohne den September durchs Leben kommen...

eben war doch noch August und nun schon Oktober? Was ist nur mit der Zeit los. Und ueberhaupt, wann kommt eigentlich der Herbst in San Jose an?

Ich komme immer besser im Silicon Valley an und habe auf der anderen Seite langsam das Gefuehl, dass es hier nicht fuer immer ist. Aber der Reihe nach.

Siemens hat ja immer zum 30.09. seinen Geschaeftsjahresende (fuer die nicht BWL-er: Firmen koennen das Geschaeftsjahr, also die Abrechnungsperiode, setzen wie sie wollen. Bei Siemens faengt das Jahr also am 1.10 an und endet am 30.09) und das heisst immer Arbeit ohne Ende. Weil noch so vieles abgearbeitet werden will, alle Prozesse auf den aktuellsten Stand gebracht werden und das neue Jahr geplant und der Jahresauftakt organisiert. Wir hatten ja mal wieder eine Neuorganisation in die ich zum Teil involviert war, zumindest aber betroffen bin. Was zur Folge hatte, dass ich eine neue Jobbeschreibung mit neuen Inhalten und einen neuen Chef bekommen habe. Den alten behalte ich auch noch so ein bisschen aber eben auch einen neuen, so dass Kennenlernen, positionieren, einarbeiten an der Reihe war. Ich werde in diesem "Jahr" ein Produkt vertreiben, was ein deutlich anderer Schwerpunkt ist, als ich bisher hatte. Und nebenbei organisiere ich noch die Regionen Nord- und Lateinamerika um die fit fuer's neue Jahr zu machen und ein bisschen Marketing mache ich auch noch. Das gute allerdings: Der Jahresauftakt fuer diese Regionen war in Sao Paulo, Brasilien, wo ich auch hinfliegen durfte. Sao Paulo ist irgendwie groesser als ich das so gedacht haette mit 22 Mio Einwohnern und fast 50 Mio in der "Region", was in etwa 1/4 von ganz Brasilien entspricht.

 

Blick aus dem Hotelfenster in Sao Paulo aus dem 22. Stock

Die Zeit in Sao Paulo war aufregend, witzig und unglaublich anstrengend. Leute kennenlernen, Haende schuetteln, auf einem Messestand arbeiten und abends dann Steakhaus (kann ich nicht mehr sehen...) in dem sie einem ja traditionell unterschiedliche cuts vom Rind frisch gegrillt auf den Teller schneiden ("duerfens noch ein paar Huehnerherzen sein?"). Alles lecker aber selbst ich kann irgendwann kein Fleisch mehr sehen. Und nach einem 17h Flug zurueck nach San Jose war ich dann auch wirklich fertig. Am Wochenende kamen dann aber auch direkt Freunde zum uebernachten und wir sind ins Restaurant "Teske" gegangen. Deutsch. Sehr Deutsch. Und ebenfalls unglaublich witzig. Zuerst Schweinshaxe (yay, mehr Fleisch) und Brezn (Deutsch in den USA ist ja zu 90% Bayrisch belegt) und dann gabs im Hinterhof ein mini Oktoberfest. Mit deutscher Kapelle, die halb englisch halb deutsche Lieder gesungen haben, Augustiner Bier aus Kruegen und jeder Menge besoffener Amerikaner und/oder Deutscher. Ich habe festgestellt, dass San Jose vermutlich eine recht grosse Gruppe wirklich seniorere Deutsche hat. So die 70+ Region. Letzte Woche war dann Abarbeiten angesagt und ich hatte ein paar Kundentermine in San Francisco, so dass ich wirklich kaum zum atmen oder antworten gekommen bin. 

Apropos San Francisco: Seit ich in San Jose wohne, war ich in der Tat erst letzte Woche das erste Mal wieder in San Francisco um Kunden zu besuchen. Und ich fand es unglaublich laut. Nicht Feuerwehrsirenen-laut oder Disko-laut, das kann ich ab. Es ist Presslufthammer-laut mit einer schier wahnsinnigen Zahl von Wolkenkratzern die in die Hohe gehievt werden mit schwerem und schwerstem Geraet. Ich vermisse es nicht. Es war wirklich eine gute Entscheidung. Dennoch auch hier treibt mich mittlerweile mehr und mehr der Gedanke an, was man hier eigentlich noch erreichen kann. Die Preise sind so hoch fuer alles, nicht nur zum taeglichen Leben, sondern vor allem ja Immobilien, dass es absolut utopisch ist, hier jemals Grund und Boden zu kaufen. Es geht nur mieten und das zu Horrorpreisen was wiederum sparen so gut wie unmoeglich macht. Alles in allem eine Ecke in der sehr im Jetzt gelebt wird und die Zukunft eben erst morgen anfaengt. Und aus dem Alter bin ich raus. Daher wird sich sicher nach Ablauf des Mietvertrages hier die goldene Frage nach dem "was nun" stellen. Mal sehen.

In der neuen Wohnung ist auf jeden Fall das Gastgeben einfacher und auch schoener. Daher waren im letzten Monat bereits neben den erwaehnten Freunden noch eine andere Gruppe von Freunden hier, mit denen wir die Stadt erkunden konnten und wir waren bei Freunden uebers Wochenende in Oakland, was ja oestlich von San Francisco liegt. Die beiden sind unglaublich gute Koeche und so wurde Steak gezaubert. Sehr nett. Aber Steak war auch ein integraler Teil meines Berlin Lebens, so dass mich das auch etwas traurig gemacht hat. Aber was solls.

In dem Haus hier gibt es eine Aussichtsterrasse auf dem 18. Stock, die laaaaaange nicht fertig war. Jetzt wurde sie eroeffnet und wirklich nett. Mit so Gas-kaminen und Sitzgelegenheiten (neudeutsch: Lounge seats). Da bot es sich an, mal den Sonnenuntergang abzuwarten und der war nicht enttaeuschend

von einem grellen Orange...

...gings bis zum tiefen Blutrot

Sehr faszinierende Farben. Und als Kontrast zu dem was ich schrieb dann doch wieder die Erkenntnis, an einem sehr speziellen Fleckchen zu leben. Das Wetter ist immer noch fast markellos. Es sind ein paar mehr Wolken am Himmel als noch im Hochsommer und es wird nicht mehr ueber 100 Grad Fahrenheit, was ja 38 Grad Celsius entspricht (Rekord glaube ich waren 107 = 42 Grad) sondern eher so im Bereich von 80 F = 25-28 Grad. Es regnet aber immer noch kaum und es ist einfach ein angenehmes Klima. Ab und zu mal einen leichten Pullover aber das war's auch. 

Letzten Freitag war dann eine Party auf der Arbeit angesetzt mit einem Team, mit dem ich in Zukunft mehr zusammenarbeite und damit ein Muss. Und danach sind wir spontan in den Yosemite Nationalpark gefahren weil Zimmer im Moment sehr guenstig sind und ich schon lange keine Fotosafari mehr gemacht habe. Hier also ein paar Impressionen:

Ein Panorama vom Glacier Point Aussichtspunkt ueber das Yosemite Valley

koennte mal wieder zum Frisoer...

Half Dome im Hintergrund

mal als schwarz/weiss Interpretation

Einer der beruehmtesten (und damit meist frequentierten) Aussichtspunkte ins Valley. Mit Stativ und ca. 30s Belichtung, damit sich die Wolken bewegen

Eine weitere Aufnahme mit langer Belichtung

Der Yosemite Park ist irre schoen aber auch unglaublich voll. Busse ueber Busse schuetten Touristen aus, die dann mit Selfiesticks versuchen, dem schon 1 Mio mal fotografierten eine persoenliche Note zu geben. Es war fuer mich aber ein schoener Test zu sehen, ob sich die fotografischen Faehigkeiten verbessert haben, da ich ja vor einem Jahr bereits da war. Und so konnte ich vieles (lange Belichtungszeiten) ausprobieren, was ich damals wollte aber noch nicht konnte. Eine Sache hat leider nicht geklappt: Ich wollte eigentlich Nachtfotos schiessen, vielleicht um 3.00 - 4.00 Uhr morgens. Das Mondlicht taucht die bekannten Motive dann in ein surreales und unglaublich tolles Licht. Der Wecker war gestellt und nach dem Blick aus dem Fenster war leider klar, dass nichts klar war, sondern eine dicke Wolkendecke den Himmel verhuellt. Ebenfalls war fuer heute Gewitter angesagt, was in Yosemite leicht wirklich gefaehrlich werden kann, so dass wir frueher als geplant wieder abgefahren sind. Auch gut, so kann ich wenigstens endlich mal wieder meinen Blog schreiben.

Die Ruecktour waren im wesentlichen State-Roads (Landstrassen) durchs Hinterland von California und obwohl ich leider keine Fotos gemacht habe, war das schon auch beeindruckend. Nicht im positiven, denn zum einen ist es wirklich unglaublich trocken, so dass riesige Reservoirs beinahe ausgetrocknet sind (so Alstergrosse Reservoirs) aber gleichzeitig kilometerweit alle Arten von Nussbaeumen, Mandeln, Walnuesse,... Baumwolle und um Gilroy beliebt Knoblauch (schonmal durch ein 5km Knoblauchfeld gefahren? ich weiss jetzt, wie sich Vampire so fuehlen) angebaut werden und dazu unglaublich viel Wasser verbraucht wird. In dem Bild von dem Valley (vorletztes Bild) ist eigentlich normalerweise ein Wasserfall. Es ist aber so trocken mittlerweile, dass der komplett verschwunden ist. Berge sind mit duerrem gelben Gras uebersaet und man kann sich gut ausmalen, was eine Zigarette so ausrichten koennte. Natur in Amerika ist extremer in alle Richtungen. Es ist wirklich schoen aber auch schaurig. 

So, es geht bald ins Bett und morgen fange ich dann an, mal wieder emails abzuarbeiten und mich zu melden.

all the best,
T